Face to Face – im Gespräch mit den Farmern

Das Herzstück jeder Reise nach Kamerun sind die Treffen mit den Farmern vor Ort. Auch wenn wir über das Jahr hinweg regelmäßig mit den Farmern in Kontakt stehen, nimmt sich Wilson bei seinen Besuchen in Kamerun noch einmal die Zeit ausführlich mit jedem von ihnen ins Gespräch zu kommen.

Im Nachfolgenden stellen wir euch zwei der Bauern vor: Mr. Manga, einen Robustafarmer, und Mr. Paul, der Arabica anbaut. Bei den Gesprächen war jeweils auch Lisa von Zur Glücklichen Bohne dabei, da es ihr neben dem Besuch einer Kaffeefarm besonders wichtig war, mehr über das Leben der Kaffeebauern in Kamerun zu erfahren. Aber lest selbst…

Mr. Manga, Robusta- und Kakaobauer, Santchou

In der fruchtbaren Region West, liegt die Farm von Mr. Manga. Wie ihr in unserem vorigen Blog-Beitrag bereits erfahren konntet, baut seine Familie dort bereits seit 45 Jahren Robusta an. Geführt wird die Robustafarm von Mr. Mangas Mutter, einer 70 Jahre alten Dame namens Mme. Antoinette Manga, die liebevoll von allen „Mama“ genannt wird. 

Quick facts:

- Anbauhöhe: 600m ü. NN.
- Größe der Farm: ca. 6 Hektar
- Erntezeit: Oktober bis Januar
- Ernteertrag pro Jahr: 50 Säcke à 100kg Robusta
Wilson, Madame Antoinette und Lisa

Mr. Paul, Arabicabauer, Rom

Tief im Landesinneren, in der Region um den Ort Rom in der Region Nordwest, betreibt Mr. Paul seine Familienfarm. Seit 1982 baut er dort Kaffee an. Die Farm ist keine reine Kaffeefarm, sondern es werden noch weitere Pflanzen wie Bananen, Avocados, Bohnen und Kolanüsse angebaut, die zum Teil zur Versorgung der Familie, zum Teil aber auch dem Weiterverkauf dienen. 

Es gibt noch weitere zahlreiche Kleinbauernfamilien um Rom, die, wie Mr. Paul, Kaffee ausschließlich als Cash Crop nutzen. Untereinander unterstützen sich die Bauernfamilien jeweils beim Anbau und der Ernte des Kaffees. Die Koordination solcher Netzwerke von Kleinbauern übernimmt meist eine kleine Gruppe von Hauptfarmern. Mr. Paul fungiert als solcher und ist für uns der Ansprechpartner in Rom.

Mr. Paul (Mitte), gemeinsam mit den Farmern Alfred (links) und Wilfried (rechts) zu Besuch in Douala
Quick facts:

- Anbauhöhe: 1.400m ü. NN.
- Größe der Farm: ca. 3 Hektar mit 3000 Kaffebäumen
- Erntezeit: Ende November/Anfang Dezember bis Anfang Februar
- Ernteertrag pro Jahr: 5 Tonnen unverarbeiteter Kaffee

Wie sieht ein Erntetag auf den Farmen in Santchou und in Rom aus? 

In Santchou startet die Feldarbeit schon früh am Morgen um 7Uhr und endet gegen Mittag, bevor die tropische Hitze die Arbeit erschwerlich macht. Auf dem Höhepunkt der Erntesaison, welche für gewöhnlich 2 Wochen lang ist, werden bis zu 5 Personen als Erntehelfer eingesetzt. Eine Person schafft es zwischen 60 und 200 Kilo Kaffee pro Tag abzuernten. Die Kaffeekirschen holt man dort per „Hand stripping“ vom Strauch, das heißt sobald bis zu 80 Prozent der traubenförmig angeordneten Robustakirschen reif aussehen, werden diese von den Ästen abgestreift.

In den Höhenlagen von Rom benötigt der Kaffee hingegen etwas mehr Zeit zum Reifen, weshalb die Erntesaison dort zu einem späteren Zeitpunkt anfängt. Auch in Rom beginnt ein Erntetag recht früh: bereits um 6Uhr brechen Mr. Paul und die Erntehelfer auf, um sich auf den einstündigen Fußweg zur Farm zu begeben. Meist wird hier bis abends, 16Uhr gearbeitet, sodass bei Einbruch der Dunkelheit alle wieder zurück zuhause sind. 

Zur Erntezeit kommen zwischen 7 und 10 Personen, um beim Pflücken der Kirschen zu helfen. Eine Person schafft es, ungefähr 4 Eimer Kaffeekirschen am Tag abzuernten, was in etwa einem Sack Kaffee entspricht. Die Vorgehensweise beim Ernten von Arabicakaffee unterscheidet sich hierbei zu der von Robustakaffee: die Kaffeekirschen auf den Arabicafarmen werden alle einzeln, je nach Reifegrad, abgepflückt (sogenanntes „selective picking“). 

Wieviel verdient ein Erntehelfer?

Für jeden Sack geerntete Kaffeekirschen erhält ein Erntehelfer 1500 Central Afrikanische Francs (CFA), was umgerechnet ca. 2,30 Euro sind. Der Verdienst eines Erntehelfers auf der Robustafarm in Santchou und der Farm in Rom ist tatsächlich der gleiche, wobei die tägliche Arbeitszeit und die Vorgehensweise beim Pflücken sich sehr unterscheiden. 

Wie das sein kann, fragt ihr euch? Unter anderem aufgrund des Lohngefälles innerhalb des Landes. Während die Gegend um Rom tiefer im Landesinneren liegt, sind in Santchou sowohl Löhne, als auch Lebenshaltungskosten aufgrund der Nähe zur Hafenstadt und Wirtschaftsmetropole Douala tendenziell höher.

Welche Herausforderungen und Probleme gibt es?

In den Gesprächen mit den Farmern geht es uns vor allem auch darum, von den Bauern zu hören, vor welchen Hürden sie im täglichen Leben stehen und dafür Lösungsansätze zu finden. Zunächst gehen wir auf ein bestimmtes Problem ein: den niedrigen Kaffeepreis.

Nehmen wir das Beispiel der Farm in Santchou: Hier wurde zu Beginn ausschließlich Robusta angebaut. Der sinkende Kaffeepreis zwang Mr. Mangas Familie jedoch dazu, nach und nach alte Kaffeebäume durch Kakaopflanzen zu ersetzen. Denn der Anbau von Kakao ist nicht nur lukrativer, da der Kilopreis für Kakao höher ist als für Kaffee, sondern auch wirtschaftlicher, da Kakaopflanzen das ganze Jahr über Früchte tragen.

Zum Vergleich findet ihr hier eine Auflistung der Preise* für Kakao und Kaffee, die ein Bauer in Kamerun verdient:

Kakao, als getrocknete Rohbohne:		1000 - 1.500 CFA/kg (~ 1,50 - 2,30 Euro)
Arabicakaffee, verarbeitet als Parchment Coffee:500 - 700 CFA/kg (~ 0,76 - 1,07 Euro) 
Robustakaffee, als getrocknete Kaffeekirsche:	350 - 600 CFA/kg (~ 53 - 92 Cent)

*farm gate price = Der Preis des Produktes „am Farmtor“, sprich den Preis, den man den Bauern für ihr Produkt direkt auf der Farm bezahlt - Kosten für Transport oder Lieferung sind nicht mit eingerechnet.

Nach Durchführen unseres Kaffeeexperiments wissen wir nun, dass 1kg Robusta Kaffeekirschen geerntet werden müssen, um 250g Rohkaffee zu erhalten. Das Ergebnis des Experiments ließ bereits erahnen, wieviel Zeit und Arbeit die Bauern in ihr Produkt investieren. Nun möchten wir euch noch das Verhältnis vom Arbeitsaufwand zu den tatsächlichen Erlösen der Bauern aufzeigen. In den Schaubildern seht ihr, wie viele Kaffeekirschen abgeerntet werden müssen, um 1Kilo des verkaufsfertigen Produktes zu erhalten:

Bild 1 – aktueller Durchschnittserlös für Parchment Coffee (= gewaschene und bis auf die Pergament geschälte Kaffeebohnen)
Bild 2 – Preis, den wir den Bauern zahlen – sowohl für getrocknete Kaffeekirschen, als auch für Parchment Coffee.

Betrachtet man die Preise, welche den Farmern für ihr Produkt geboten werden, fällt auf, wie gering der Preis insbesondere für gewaschene Kaffeebohnen tatsächlich ausfällt. Gerade für diese Art der Verarbeitung von Kaffee, welche die arbeitsintensivste darstellt, erhalten die Bauern den geringsten Preis pro Kilo.

Im Nachfolgenden findet ihr eine Auflistung weiterer verschiedener Herausforderungen, denen sich die Bauern gegenüber sehen:

Klimawandel 

In den letzten Jahrzehnten änderten sich die klimatischen Bedingungen auch in Kamerun spürbar. Die Kaffeebauern klagen über unregelmäßige Regenfälle und steigende Temperaturen, die vermehrt zu Ertragsausfällen und Qualitätsminderung des Kaffees führen.

Um besser mit den Folgen des Klimawandels umzugehen und ihren Lebensunterhalt zu sichern, stehen den Bauern verschiedene Lösungen offen:

– Palmöl sowie andere Nutzpflanzen anbauen, um das Risiko an Ertragsverlusten zu minimieren

und insbesondere für die Bauern in Rom:

– Anbau anderer Kaffeevarietäten, die klimaresistenter sind

– in niedrigeren Lagen Robustakaffee oder Kakao anbauen.

Geringes Einkommen

Die Erlöse aus dem Kaffeeverkauf reichen für viele Kaffeebauern nicht, um diverse Ausgaben über das gesamte Jahr zu decken. Von den Einnahmen der jährlichen Kaffeeernte bezahlen die Farmer u.a. das Schulgeld für ihre Kinder und Krankenhausrechnungen. Wenn das Geld aus dem Kaffeeverkauf aufgebraucht ist, die Farmer jedoch einen Arzt aufsuchen müssten, kommt es oft vor, dass die medizinische Versorgung aus finanziellen Gründen nicht möglich ist. 

Solche Situationen, in denen die Bauern Not leiden und auf das Geld dringend angewiesen sind, versuchen sich sogenannte Mittelsmänner zu Nutzen zu machen. Noch bevor die Erntesaison beginnt, versuchen diese, den Kaffee der Bauern zu einem möglichst geringen Preis abzukaufen, um ihn an größere Kooperativen und Kaffeeexporteure weiterzuverkaufen. 

Eingeschränkte Mobilität und Transportmöglichkeiten

Besonders in der Region um Rom sind die Straßen schlecht ausgebaut und sehr unwegsam. Viele Wege legen die Bauern zu Fuß zurück.

Aufgrund der politischen Krise im Nordwesten des Landes ist es besonders schwierig Kaffee aus der Region Nkambé zu bekommen. Der Transport des Kaffees von Nkambé nach Douala verzögerte sich dieses Jahr massiv aufgrund von Straßensperrungen, die von Ende Dezember bis Mitte Februar galten. Autos durften nur am Wochenende passieren und LKW-Besitzer bevorzugten Güter wie Holz und andere zu transportieren, welche mehr Geld einbringen. Es änderte nichts, dass wir sogar bereit waren über 1000€ für eine einzelne Fahrt nach Bafoussam (die nächstgelegene Stadt im francophonen Teil des Landes) zu bezahlen. Letztendlich fanden wir jemanden, der unseren Kaffee transportierte – und bezahlten die komplette Hin- und Rückfahrt nach Nkambé.

Fehlende Elektrizität, Telefon- und Internetverbindung

Im täglichen Leben der Bauern in der Nordwestregion Kameruns stellt dies ein weitreichendes Problem dar, denn es erschwert die Kommunikation mit und unter den Farmern erheblich. Um mit den Bauern zu sprechen, bleibt oft nichts anderes übrig als ein persönlicher Besuch.

Spärliche Möglichkeiten zum Trocknen und Lagern von Kaffee

Besonders in den Region um Rom ist der Platz zum Trocknen und zur Lagerung von Kaffee sehr dürftig, wodurch der Kaffee an Qualität verliert.

Fehlende Gesundheitschecks und Mittel Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen 

Vielen Bauern fehlt schlichtweg das Geld zum Arzt zu gehen, wenn sie krank sind. Noch dazu ist der Weg zum Krankenhaus für einige zu weit, zu beschwerlich oder zu teuer.

Was sich die Bauern wünschen und wie wir ihnen helfen

Da der Kaffeeanbau Teil ihrer Lebensgrundlage ist, wünschen sich die Farmer ausdrücklich dabei Hilfe die Qualität des Kaffees zu verbessern. Zum Einen gehört dazu, bessere Möglichkeiten zu schaffen, um Kaffee zu trocknen und aufzubewahren. Zum Anderen wollen sich die Bauern weiterbilden und mehr über den Anbau und die Verarbeitung von Kaffee erfahren.

Viele der Farmer wünschen sich auch verbesserte Transportmöglichkeiten, um Wege schneller und kürzer zurückzulegen.

Um den Farmern zu helfen, ist es uns wichtig, ihnen nicht nur einen höheren Preis für ihr Produkt zu zahlen, sondern darüber hinaus etwas zu tun, das ihre Lebenssituation verbessert. In den letzten Jahren stellten wir den Bauern u.a. Arbeitsmittel und einen Pulper zur Verfügung, sendeten Hilfsgüter in die Krisenregion im Nordwesten des Landes, gründeten den Spendenverein Deutschland-Nkambé e.V. und arbeiteten kontinuierlich mit den Farmern an der Qualität ihres Kaffees.

Dieses Jahr planen wir ein Motorrad für die Farmer in der Nordwest Region zu besorgen, damit sie Wege, wie z.B. zum nächsten Krankenhaus oder für den Transport von Kaffee, schneller erledigen können.

Damit die Bauern Besuche beim Arzt wahrnehmen und ihre Rechnungen für akute Krankenhausbesuche bezahlen können, überlassen wir ihnen ab diesem Jahr einen bestimmten Betrag über den Kaufpreis für den Kaffee hinaus. Somit ließe sich auch vermeiden, dass die Bauern aus Geldnot vor Beginn der Erntesaison ihren Kaffee unter Wert verkaufen müssen.

Uns ist wichtig, die Bauern in die Lage zu versetzen, unabhängiger zu werden, sich über den Wert der harten Arbeit und ihres qualitativ hochwertigen Produkts bewusst zu sein und selbstsicher auf dem Markt bestehen zu können. Da die Krise im anglophonen Teil des Landes einen persönlichen Besuch bei den Bauern derzeit schwierig macht, sind die gemeinsamen Treffen in der Hafenstadt Douala ein umso wichtigerer Teil für die Zusammenarbeit mit den Farmern – einen, den wir definitiv nicht missen wollen. Die Zusammenarbeit macht uns Spaß und allein zu sehen, welch vermeintlich kleinen Dinge bereits etwas großes für die Bauern bewirken und wieviel Dankbarkeit die Bauernfamilien uns entgegenbringen, treibt uns voran und lässt uns weiter an unseren Zielen festhalten.

Treff mit den Farmern aus Rom im Februar 2022 in Douala

Ihr wollt mehr wissen, was wir tun?

Infos zum Cameroon Coffee Project findet ihr hier.
Zur Seite des Spendenvereins Deutschland-Nkambé e.V. geht’s hier.